Forschungsprogramm

Das Graduiertenkolleg Versammlung und Teilhabe: Urbane Öffentlichkeiten und performative Künste stellt die Frage, wie die performativen und medialen Künste zur Entwicklung neuer Formen der öffentlichen Versammlung und der demokratischen Teilhabe in der urbanen Zivilgesellschaft beitragen können.

Die öffentliche Versammlung im Sinne der Kopräsenz von (einander fremden) Menschen galt lange als Grundbedingung für Aufführungen / Performances. Mit dem Aufkommen der ortsspezifischen, der partizipatorischen und der transmedialen Performance steht die Form dieser Versammlung jedoch zur Verhandlung und wird von einer gegebenen Voraussetzung zu einem experimentellen Set-up. Ob und wie eine spezifische Form der öffentlichen Versammlung zustande kommt, genau darum geht es in zahlreichen zeitgenössischen Performances. Welche Rollen prägen die Versammlung und wie werden die Beteiligten adressiert? Welche Zeiten, Orte und Medien nutzt die Versammlung und welche Beziehungen werden dadurch hergestellt? Damit stellen sich innerhalb der performativen Künste ganz ähnliche Fragen wie im Hinblick auf die gesellschaftliche Entwicklung von demokratischer Partizipation insgesamt. Während der Begriff der Partizipation zuweilen sehr strapaziert erscheint und durchaus kritisch zu diskutieren ist, lässt sich konstatieren, dass gesellschaftliche, wissenschaftliche und künstlerische Entwicklungen im Hinblick auf die Frage von Partizipation und öffentlicher Versammlung in vieler Hinsicht parallel verlaufen, und es sind genau diese Parallelen, die das Forschungsfeld des Graduiertenkollegs konstituieren. Ereignisse auf internationaler wie auf lokaler Ebene zeigen, in welchem Maße die demokratische Entwicklung einer Gesellschaft davon abhängt, Möglichkeiten von Teilhabe immer wieder neu zu entdecken und weiter zu entwickeln. In diesem Kontext können die zeitgenössischen performativen Künste als experimenteller Freiraum verstanden werden, in dem neue Formen von Versammlung und Teilhabe befragt und erprobt werden können. Dies gilt insbesondere für:

A)  Performance im urbanen, öffentlichen Raum
B)  Performance im Kontext der kulturellen Bildung
C)  Choreographie/Performance
D)  performativorientierte, experimentelle Medienkunst.

In diesen Bereichen werden Konzepte von Teilhabe und Öffentlichkeit, Kritiken von Partizipation und Vermittlung, verschiedene Formen von Bewegung, Versammlung und Interaktion stets neu bewertet, verhandelt und weiterentwickelt. Das Graduiertenkolleg nutzt die in Hamburg gegebene Verdichtung dieser Bereiche und führt sie institutionell in enger Nachbarschaft zusammen. In jedem der vier genannten Bereiche führen jeweils zwei Promovierende ein Forschungsprojekt durch, das aus einem wissenschaftlich-analytischen und einem künstlerischen Anteil besteht (für Details siehe Forschungsprojekte). Die Kombination von künstlerischen und wissenschaftlichen Verfahren wird zudem mit der Integration von Alltagsexpert_innen in den jeweiligen Projekten verbunden. Das Forschungsprogramm des Graduiertenkollegs trägt damit zur Weiterentwicklung der transdisziplinären Forschung zwischen Kunst, Wissenschaft und Alltagsexpertise bei, insbesondere durch das A-Z der transdisziplinären Forschung, das in einem Wiki / Online-Lexikon hier zugänglich sein wird.