Verkörpern
Aus A-Z der transziplinären Forschung
(Die Seite wurde neu angelegt: „Hier steht was zu '''Verkörpern'''“) |
|||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
− | + | ZUM BEGRIFF | |
+ | |||
+ | Laut Kluges Etymologischem Wörterbuch der deutschen Sprache stellt „Verkörpern“ eine Präfixableitung von „Körper“ dar. „Körper“ wiederum ist dem lateinischen „corpus“ entlehnt, was oftmals als „Leib“ übersetzt wird (Kluge 2002: 530). Der deutschsprachige Begriff „Leib“ entstand im 8. Jahrhundert aus dem germanischen „leiba“, Leben. Diese Wurzel ist nach Kluge noch in Begriffen wie „Leibrente“, also Rente auf Lebenszeit, nachvollziehbar (Kluge 2002: 566). | ||
+ | |||
+ | Bemerkenswert erscheint hier nicht nur, dass „Leib“ im 13. Jahrhundert durch die Ableitung eines lateinsichen Begriffes ersetzt wird, der nichts anderes bedeutet als „Leib“. Interessant ist auch, dass „Leib“ sich bis heute parallel zu „Körper“ im deutschen Sprachgebrauch gehalten hat. Während im „Leib“ noch das Echo der Verwobenheit des Körpers mit dem Leben und den Lebensgeistern aus der germanischen Kultur hörbar ist, hat sich mit „Körper“ die in der Christianisierung durchgesetzte Trennung von der Seele und deren hierarchisch höherstehende Position bis heute erhalten (vgl. Lorenz 2000: 34f.). | ||
+ | |||
+ | „Das englische ‚body’ hingegen stammt vom altenglischen ‚bodig’ ab, das mit dem mittelhochdeutschen ‚botech’ eine gemeinsame, vermutlich sächsische Wurzel hat und auf ein Gefäß [...] zurückweist.“ (Lorenz 2000: 34). „To embody“ und das dazugehörige Substantiv „embodiment“ bedeuten so viel wie „körperlich machen“ oder „in einen Körper integrieren“, wobei das Präfix „em-“ als Variante von „en-“ eine Bewegung zum vom folgenden Wortstamm bezeichneten Ort oder Zustand hin bezeichnet (vgl. http://dictionary.reference.com/browse/en-, 2.1.2014). | ||
+ | |||
+ | Diese grobe Begriffsverortung abschließend sei noch auf eine Kuriosität hingewiesen: Nach Kluge ist der spätere Umlaut, der aus „corpus“ „Körper“ macht, nicht ausreichend erklärt. In einer Verquickung der Begriffe könnte man spielerisch behaupten, dass durch das „ö“ das lateinische „corpus“ in die deutsche Sprache einverleibt wurde. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang, dass die historischen Laut- und Bedeutungsverschiebungen, die zu den heutigen Gebrauchsweisen der Begriffe „Körper“ und „Leib“ geführt haben, auf die beständige Bewegung hindeuten, mit der wir die Dinge des Lebens versprachlichen. Doch was für eine Bewegung ist es, wenn wir etwas nicht versprachlichen, sondern es verkörpern? Wie das englische „en-“ drückt auch das deutsche Präfix „ver-“ aus, dass sich etwas zu der im Worstamm genannten Sache hin verändert (vgl. http://www.duden.de/suchen/dudenonline/ver, 2.1.2014). „Nach Grimm bedeutet ‚verkörpern’: Etwas Unkörperliches mit einem Körper begaben“ (Kröll 2001: 30). Was soll dieses Unkörperliche sein? Was ist es, das wir verkörpern? Zu was für Körpern führen diese Begabungen? Und inwieweit kann Verkörpern ein für die transdisziplinäre Forschung relevanter Gegenstand und mehr noch ein relevantes Verfahren sein? | ||
+ | |||
+ | |||
+ | VERKÖRPERN IN DEN DARSTELLENDEN KÜNSTEN | ||
+ | |||
+ | Verkörpern bildet sich laut der Theatertheoretikerin Erika Fischer-Lichte im Deutschen als Begriff für die Schauspielkunst im 18. Jahrhundert heraus. In dieser Zeit entsteht das so genannte Literaturtheater mit vor den ersten Proben niedergeschriebenen Theaterstücken und eine realistisch-psychologische Schauspielkunst. Die Vormachtstellung des auf der Bühne improvisierenden Schauspielers mit seinem Witz und seiner Eitelkeit sollte durch das Werk des Dramatikers kontrolliert und in Schach gehalten werden. Die Macht gehörte von nun an dem Text, den der Schauspieler getreu umzusetzen hatte (vgl. Fischer-Lichte 2001: 11f.). Durch das genaue Verkörpern der Rolle, die im Text sprachlich fixiert war, sollte der Schauspieler „seinen phänomenalen Körper auf der Bühne zum Verschwinden [...] bringen, indem er ihn möglichst vollständig in einen ‚Text’ aus Zeichen für die Gefühle, seelischen Zustände etc einer Rollenfigur umformte.“ (Fischer-Lichte 2001: 12) Um den Theatertext zu verkörpern musste der Schauspieler sich also erstmal ‚entkörpern’. | ||
+ | |||
+ | Doch schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts widerspricht Georg Simmel dieser Auffassung. In seinem Aufsatz "Zur Philosophie des Schauspielers" führt er aus, dass eine dramatische Figur aus einem Text lediglich „der Komplex des literarisch Erfaßbaren an einem Menschen“ (Simmel 1968: 75; zitiert nach Fischer-Lichte 2001: 14) sei, und dass jede Umsetzung einer literarischen Figur immer abhängig sei von den Auffassungen der einzelnen Schauspieler, die diese Figur mit ihrer je eigenen Physis verkörpern (vgl. Fischer-Lichte 2001: 15). Ab den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts schließlich sind es, so Fischer-Lichte, die Aktions- und Performance-Künste und die von ihnen inspirierten Theatergruppen und –macher, die diese sich bei Simmel abzeichnende Wendung hin zu den realen Körpern einer Aufführung in ihren Ästhetiken vollziehen. In den Inszenierungen so unterschiedlicher Künstler wie Chris Burden, Marina Abramovic, Jan Fabre oder Einar Schleef rücken die Körper in den Fokus oder zumindest werden sie so stark in den Vordergrund gebracht, dass ihre Eigenarten nicht mehr hinter den Zeichen einer Rolle verschwinden. Eine Bühnenfigur ist heute ohne den tatsächlichen Körper des Schauspielers kaum noch denkbar oder realisierbar. (vgl. Fischer-Lichte 2001: 16f.) | ||
+ | |||
+ | Mit Verkörpern ist im Theater also nicht mehr das Umsetzen eines literarischen Textes für die Bühne gemeint, sondern vielmehr die Tatsache, dass die Arbeit des Schauspielers an der Schnittstelle zwischen imaginären bzw. sprachlich fixierten Körpern einerseits und realen Körpern andererseits stattfindet. Zwischen diesen beiden Welten sucht er nach Möglichkeiten seines Erscheinens und Agierens vor Zuschauern. Verkörpern wird so zu einer Suchbewegung, die zwischen Textkörper und Schauspielerkörper vermittelt. Wie aber sieht es aus, wenn es keine Literatur gibt, die als Basis für eine Inszenierung dient? | ||
+ | |||
+ | Im zeitgenössischen Tanz, der mit Ausnahme der derzeit verstärkt in Mode kommenden, so genannten Scores kaum Vorlagen in Form von aufgeschrieben Stücken oder Notationen kennt, wird oft davon gesprochen, dass der Körper denke. In einem ihrer Essays spricht die Tänzerin Dana Caspersen über die Probenprozesse mit dem Choreographen William Forsythe. Tänzer „trainieren, in jenem Zustand zu bleiben, der es dem Stück erlaubt, sich [...] durch uns hindurch zu bewegen. In diesem Zustand sind wir in der Lage, das Stück kollektiv zu erschaffen, indem wir es in unsere Körper denken...“ (Dana Caspersen 2004: 107). Der Choreograph stellt anfangs lediglich ein offenes Konzept vor, das in der Probenarbeit durch die Interpretationen der Tänzer eingegrenzt wird. Die daraus entstehende Überfülle an Material wird in der Zusammenarbeit mit dem Choreographen verfeinert und zugespitzt und so zu einer Art von Text (vgl. Caspersen 2004: 108), der dem Probenprozess jedoch nicht vorausgeht, sondern in diesem erst entsteht. | ||
+ | |||
+ | Gleichzeitig ist das zu schaffende Tanzstück Anlass für die Arbeit, geht der Probenarbeit also voraus und ist etwas, das „[m]it seiner eigenen Logik und Funktionsweise, die festlegen, was sich in ihm erfolgreich ereignen kann, [...] unberechenbar wie ein Lebewesen [ist]. Ein neues Stück hat seine inhärenten Kräfte, die mit den Gedanken, der Energie und dem Körper eines jeden Tänzers interagieren...“ (Caspersen 2004: 109). Unabdingbar ist dabei die Fähigkeit der Tänzer, „ihre Körper mithilfe ihrer gut ausgebildeten Körperinnenwahrnehmung mit einem hohen Grad an Exaktheit sowohl zu fühlen als auch zu imaginieren“ (Caspersen 2004: 109f.), d.h. also, zwischen ihrem real wahrgenommenen und den imaginierten, für das Stück (noch) zu schaffenden Körpern zu vermitteln. | ||
+ | |||
+ | In der Probenarbeit versetzen die Tänzer ihre Körper in einen Zustand der Offenheit für das unbekannte Stück, das auf diese Weise in das Denken der Körper fließt, während sich die Körper in den Fluss der Welt denken (vgl. Caspersen 2004: 116). Dafür müssen Tänzer verstehen, was ihre Körper denken, zu was sie in der Lage sind, was sie wahrnehmen, was sie intendieren. Der Begriff Verkörpern wird hier zwar nicht zentral benutzt, aber aus Caspersens Bericht wird deutlich, dass die von ihr so genannten denkenden Körper durchaus etwas verkörpern, nämlich das unberechenbare Lebewesen des zu schaffenden Tanzstücks. Angestoßen durch einen offenen Bezugsrahmen zu Anfang des Probenprozesses, wird Verkörpern zu einem Vermittlen zwischen realen und imaginierten Körpern, von denen keiner dem anderen vor- oder nachrangig ist. Erforscht wird auf diese Weise ein neues Stück und die mit ihm einhergehenden Kräfte, Gedanken, Themen und Bewegungsmöglichkeiten. | ||
+ | |||
+ | Diese Arbeit ist mitunter sehr detailliert und präzise. Aufgrund bestimmter Fragestellungen werden Verfahren entwickelt und erprobt, die Einfluss auf Wahrnehmung und Bewegung der Tänzer haben (vgl. Caspersen 2004: 109-115). Das Training, das Tänzer dazu befähigt, Bewegung mit ihren Körpern zu erforschen, ist entsprechend präzise und minutiös. Caspersen berichtet von einer Fehlbildung ihrer Wirbelsäule, deren Einschränkungen sie durch die Alexander-Technik überwindet. In dieser Technik wird trainiert, die gewohnten und Probleme verursachenden Bewegungsmuster schon im Impuls zu erkennen, zu unterdrücken und durch neue zu ersetzen (vgl Caspersen 2004: 107). | ||
+ | |||
+ | |||
+ | VERKÖRPERN IN DEN WISSENSCHAFTEN | ||
+ | |||
+ | Eine andere Technik, die mit Bewegungsmustern und -impulsen und darüber hinaus auch mit den einzelnen Körpersystemen wie den Knochen, dem Nervensystem oder dem Blutkreislauf arbeitet, ist das Body-Mind-Centering. Es wird sowohl von Physio- und Psychotherapeuten, als auch von Tanzkünstlern eingesetzt und integriert ein vielfältiges Wissen aus bewegungs- bzw. körperorientierten Therapieformen, künstlerischen Herangehensweisen an Bewegung, Anatomie, Neurologie und Physiologie. Body-Mind-Centering hält sich also an einer Schnittstelle zwischen künstlerischem und wissenschaftlichem Forschen auf. | ||
+ | In einem Interview beschreibt die Begründerin der Form, Bonnie Bainbridge-Cohen, das Bewusstwerden des Säuglings seiner Hände als die eigenen, die auch kontrolliert werden können, um etwas anderes zu greifen. Sie sagt, Verkörpern sei auf gewisse Weise ein Unterscheiden. Um uns selbst verkörpern zu können, müssen wir wissen, was wir nicht sind, sonst können wir es nicht ergreifen. Im Verkörpern werden Relationen deutlich, und umgekehrt sind es Relationen, die das Verkörpern ermöglichen. Eine ausbalancierte Verkörperung enthält nach Bainbridge-Cohen eine Aussage wie: Hier höre ich auf, und dort fängt etwas anderes an. (vgl. Bainbridge-Cohen 1993: 63) Verkörpern wird hier also verstanden als ein Prozess der Identitätsstiftung durch den Körper, der gleichzeitig Teil der Identität ist. | ||
+ | |||
+ | Verkörpern gehört aber auch zum Selbstverständnis des Body-Mind-Centering und ist sein grundlegendes Verfahren. Es geht um einen „embodied approach to movement, the body and consciousness. [...], it is an experiential study based on the embodiment and application of anatomical, physiological, psychophysical and developmental principles, utilizing movement, touch, voice and mind“ (www.bodymindcentering.com, 1.1.2014). In den Kognitionswissenschaften ist ein nicht ganz unähnliches Verständnis von Embodiment am Werk. Im Enactivism und im Experientalism wird davon ausgegangen, „dass Kognition nicht ohne Bezug auf einen spezifischen Körper (Verkörperlichung, Embodiment) und eine spezifische Umgebung (Situiertheit) erklärt werden kann.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Kognitionswissenschaft, 1.1.2014) Es wird bezweifelt, dass sich Kognition rein anhand abstrakter, symbolischer Repräsentationen und unabhängig von Sensorik, Motorik und Außenwelt vollziehe (vgl. ebd.). | ||
+ | Dieser Ansatz beruft sich teilweise auf die Philosophie Maurice Merleau-Pontys, der in „Phänomenologie der Wahrnehmung“ einen offenen Zugang zur Welt sucht, wenn er sagt, es gelte „zu beschreiben, nicht zu analysieren und zu erklären.“ (Merleau-Ponty 1965: 4) Auch wenn sein Projekt nicht explizit Verkörpern bzw. Verkörperung als zentrales Verfahren benennt, kann seine Setzung des Leibes als Vollzugsort unserer Zueignung von Raum, Gegenständen und Werkzeugen (vgl. ebd.: 185) durchaus verstanden werden als eine Art des Verkörperns: Indem er die Strukturen des Wahrnehmens aus der beginnenden Wahrnehmung entwickelt (vgl. Bermes 1998: 72), kommt Merleau-Ponty zum phänomenalen Leib als „Knotenpunkt lebendiger Bedeutungen“ (Merleau-Ponty 1965: 182), der der Welt begegne, Anhalt an ihr finde und als Verankerung an der Welt fungiere (vgl. Bermes 1998: 75). | ||
+ | |||
+ | In der Soziologie und Ethnologie greift Pierre Bourdieu die Ideen Merleau-Pontys auf und entwirft eine „‚Theorie der Praxis als Praxis’ [...], um die Differenz zwischen der theoretischen (wissenschaftlichen) Praxis und der praktischen (alltäglichen) Praxis zu begründen. Und er entwickelt das Konzept des Habitus, um zu begreifen, wie Praxis und praktisches Erkennen entstehen.“ (Platz 2006: 58) Er definiert Habitus als Produkt und gleichzeitig als Produzent von Handlungen, das bzw. der sich aus Erfahrungen in einem spezifischen Umfeld mit spezifischen Strukturen heraus entwickelt (vgl. ebd.: 60). Wiederholte Erfahrungen schlagen sich im Habitus nieder, der sich „in jedem Organismus in Gestalt von Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata [niederschlägt]“ (Bourdieu 2003: 101; zitiert nach Platz 2006: 60f.). Schließlich gehen „die sozialen Strukturen [...] in Fleisch und Blut über, sie werden zu einem handelnden Leib“ (Platz 2006: 62). Kulturelles Wissen ist also nicht vom Leib zu trennen. | ||
+ | |||
+ | Der amerikanische Anthropologe Thomas Csordas schließlich entwickelt aus den Überlegungen Merleau-Pontys zum Verkörpern in und durch Wahrnehmung und denen Bourdieus zur verkörperten, kulturellen Praxis ein Paradigma der Verkörperung (vgl. Csordas 1990: 7), anhand dessen er „embodied selves [that] inhabit a behavorial environment much broader than any single event“ (ebd. 39) untersuchen möchte. Verkörperung soll so zu einer Grundlage für Analysen von Kultur und Geschichte werden, deren Locus und zugleich existentieller Grund der Körper darstellt (vgl. ebd.). | ||
+ | |||
+ | Während Csordas in seinem Aufsatz „Embodiment as a Paradigm for Anthropology“ in der Hauptsache auf seinen ethnographisch zu untersuchenden Gegenstand, also konkrete, verkörperte bzw. zu verkörpernde Kultur, verweist, zeigt der Kulturanthropologe Clifford Geertz „in seinem Buch 'Die künstlichen Wilden', dass es keine objektive Ethnographie gäbe und Ethnographen durch die Abbildung einer fremden Welt zugleich eine Fiktion schaffen“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Ethnographie, 2.1.2014), dass also der Forscher immer Teil des Forschungsprozesses ist. Da sich der Forscher einer kulturellen Situation immer nur mithilfe seines wahrnehmenden Leibes annähern kann und somit sowohl die Situation durch seine Anwesenheit mitgestaltet, als auch das Beobachtete durch seinen immer auch leiblich geprägten Habitus filtert und beschreibt, kann man davon sprechen, dass anthropologische, soziologische und ethnographische Forschung immer auch verkörpernd ist. Dieser Tatsache wird in der Soziologie seit den ausgehenden 1950er Jahren unter anderem durch die Methoden der teilnehmenden Beobachtung Rechnung getragen, in der „das Eintauchen des Forscher in das untersuchte Feld, seine Beobachtung aus der Perspektive des Teilnehmers, aber auch sein Einfluss auf das Beobachtete durch seine Teilnahme wesentliche Kennzeichen“ (Flick 2011: 287) sind. | ||
+ | |||
+ | |||
+ | VERKÖRPERN ALS TRANSDISZIPLINÄRES VERFAHREN | ||
+ | |||
+ | Es wird deutlich, dass Verkörpern sowohl Methode des Forschens sein, als auch Gegenstand oder Feld der Forschung darstellen kann. Je nach Perspektive und Interesse wird dabei entweder der Forschungsgegenstand oder der Forscher und sein Forschen in den Mittelpunkt der Betrachtungen gerückt. Verkörpern, Verkörperung und Embodiment kommt damit eine vermittelnde oder mediale Funktion zu: es handelt sich um ein Verfahren, bei dem Wissen in Körper gebracht wird, die dieses Wissen wiederum verkörpern und vermitteln, was seinerseits beobachtet, belauscht, gefühlt und schließlich interpretiert, also zu Wissen gemacht werden kann, welches wiederum verkörpert und vermittelt werden kann usw. | ||
+ | |||
+ | Gerade in dieser forwährenden Bewegung erscheint der Begriff des Verkörperns auf dem Feld des transdisziplinären Forschens als ein relevantes Verfahren, ist es doch gerade diese Art des Forschens, die sich auf der Grenze zwischen mehreren Arten der Wissens- und Erfahrungsgenerierung immer wieder fragen muss, wo ein jeweiliger Wissensgegenstand in einem Forschungsfeld zu verorten ist, das durch die Situiertheit der Forschenden immer auch topographisch, also in Bezug auf die Forscherkörper, zu verstehen ist. | ||
+ | |||
+ | |||
+ | LITERATUR | ||
+ | |||
+ | Bainbridge Cohen, Bonnie. Sensing, Feeling, and Action. The Experiential Anatomy of Body-Mind Centering. Northampton: Contact Editions. 1993. | ||
+ | |||
+ | Bermes, Christian. Maurice Merleau-Ponty – zur Einführung. Hamburg: Junius Verlag. 1998. | ||
+ | |||
+ | Bourdieu, Pierre. Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Franfurt/Main: Surhkamp. 2003 (1980). | ||
+ | |||
+ | Csordas, Thomas J. „Embodiment as a Paradigm for Anthropology“. In: Ethos, Vol. 18, Nr. 1 (März, 1990), S. 4-47. | ||
+ | |||
+ | Fischer-Lichte, Erika. „Verkörperung / Embodiment. Zum Wandel einer alten theaterwissenschaftlichen in eine neue kulturwissenschaftliche Kategorie“. In: Fischer-Lichte, Erika, Horn, Christian & Warstat Matthias (Hrsg.). Verkörperung, S. 11-28. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag. 2001. | ||
+ | |||
+ | Flick, Uwe. Qualitative Sozialforschung. Reinbek: Rowohlt Taschenbuch. 2011. | ||
+ | |||
+ | Kröll, Katrin. „Körperbegabung versus Verkörperung – Das Verhältnis von Körper und Geist im frühneuzeitlichen Jahrmarktspektakel“. In: Fischer-Lichte, Erika, Horn, Christian & Warstat Matthias (Hrsg.). Verkörperung, S. 11-28. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag. 2001. | ||
+ | |||
+ | Lorenz, Maren. Leibhaftige Vergangenheit. Einführung in die Körpergeschichte. Tübingen: edition diskord. 2000. | ||
+ | |||
+ | Merleau-Ponty, Maurice. Phänomenologie der Wahrnehmung. Berlin: Walter de Gruyter & Co. 1965. | ||
+ | |||
+ | Platz, Teresa. Anthropologie des Körpers. Vom Körper als Objekt zum Leib als Subjekt von Kultur. Berlin: Weißensee Verlag. 2006. |