Mappen

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''Mapping'' hat dabei zwei Funktionen: Es dient zur „Reduktion“ von Komplexität, Ortsgebundenheit, Partikularität, Materialität und Vielfalt des Objektes, gleichzeitig gewinnt es durch Abstraktion ein Mehr an Lesbarkeit, Kompatibilität, Universalität, Überlagerung, Text und Kalkül und dadurch eine „Amplifikation“. (Latour 1997: 255)
 
''Mapping'' hat dabei zwei Funktionen: Es dient zur „Reduktion“ von Komplexität, Ortsgebundenheit, Partikularität, Materialität und Vielfalt des Objektes, gleichzeitig gewinnt es durch Abstraktion ein Mehr an Lesbarkeit, Kompatibilität, Universalität, Überlagerung, Text und Kalkül und dadurch eine „Amplifikation“. (Latour 1997: 255)
  
Je nach Notwendigkeit und Funktion ist die Karte nur Beginn eines langen, sich wiederholenden Prozesses. In einer topographische Karte oder in den unzähligen Teilschritten im ''Human Genom Project ''(Vgl.: [http://www.ornl.gov/sci/techresources/Human_Genome/publicat/primer /prim2.html Human Genom Project] ) bedingt die Fortführung eine sich immer wieder einschätzende Befragung des Gegenstandes und eine fortwährende Justierung der Vorannahme. Eine Materialisierung dieser Sequenz in einer Zeichnung dient der unmittelbaren visuellen Gruppierung seines Inhalts. In der sequentiellen Inskription konstruieren sich „künstliche Repräsentationen, die sich immer weiter von der Welt zu entfernen scheinen, und die sie ihr dennoch näher bringen.“ (Latour 1997: 218) Bruno Latour erkennt hierin eine Beherrschung der Welt durch den synoptischen Blick, „wenn die Welt [den Wissenschaftlern] in zweidimensionaler, überlagerbarer und kombinierbarer Inskription entgegenkommt“. (Latour 1997: 217) Basierend auf intensiver Nachforschung präsentiert die französische Künstlergruppe ''Bureau d´Etudes'' ( [http://bureaudetudes.org/ Bureau d´Etudes] ) ihre Analyse der Netzwerke im transnationalen Kapitalismus in großformatigen Wandmalereien, um sich der Beherrschung der Welt durch den Kapitalismus alternativ perspektivierte ''mappings'' entgegenzusetzen.  
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Je nach Notwendigkeit und Funktion ist die Karte nur Beginn eines langen, sich wiederholenden Prozesses. In einer topographische Karte oder in den unzähligen Teilschritten im ''Human Genom Project ''(Vgl.: [http://www.ornl.gov/sci/techresources/Human_Genome/publicat/primer/prim2.html Human Genom Project] ) bedingt die Fortführung eine sich immer wieder einschätzende Befragung des Gegenstandes und eine fortwährende Justierung der Vorannahme. Eine Materialisierung dieser Sequenz in einer Zeichnung dient der unmittelbaren visuellen Gruppierung seines Inhalts. In der sequentiellen Inskription konstruieren sich „künstliche Repräsentationen, die sich immer weiter von der Welt zu entfernen scheinen, und die sie ihr dennoch näher bringen.“ (Latour 1997: 218) Bruno Latour erkennt hierin eine Beherrschung der Welt durch den synoptischen Blick, „wenn die Welt [den Wissenschaftlern] in zweidimensionaler, überlagerbarer und kombinierbarer Inskription entgegenkommt“. (Latour 1997: 217) Basierend auf intensiver Nachforschung präsentiert die französische Künstlergruppe ''Bureau d´Etudes'' ( [http://bureaudetudes.org/ Bureau d´Etudes] ) ihre Analyse der Netzwerke im transnationalen Kapitalismus in großformatigen Wandmalereien, um sich der Beherrschung der Welt durch den Kapitalismus alternativ perspektivierte ''mappings'' entgegenzusetzen.  
  
 
Ein Archiv verhilft zu einer expliziten „Zeitlichkeit“ (Gugerli 2004: 213) im Prozess des ''Mappens'', um die einzelnen Schritte und Veränderungen auf der Karte nachzuvollziehen, zu rejustieren und wiederholen zu können. Nur in der Nachvollziehbarkeit durch ein Protokoll ist die Kompatibilität und Vergleichbarkeit der einzelnen Eintragungen ins Netz von Informationen gewährleistet. Diese Transparenz in der Kontinuität von Raum und Zeit garantiert ein Vertrauen an den ‚Realitätswert’ der resultierenden Zeichnung. Aus diesem Grund werden die Karten von ''Bureau d´Etudes'' und ''MigMap'' auch durch Texte und vereinzelt Quellen unterstützt, um deren Glaubwürdigkeit zu untermauern. Fehlende Angaben der Quellen in der Arbeit ''Crisis'' (2006), in der die Argentinische Finanzkrise dargestellt wird, vermindern die Transparenz und untergraben die Wirkung der Karte.
 
Ein Archiv verhilft zu einer expliziten „Zeitlichkeit“ (Gugerli 2004: 213) im Prozess des ''Mappens'', um die einzelnen Schritte und Veränderungen auf der Karte nachzuvollziehen, zu rejustieren und wiederholen zu können. Nur in der Nachvollziehbarkeit durch ein Protokoll ist die Kompatibilität und Vergleichbarkeit der einzelnen Eintragungen ins Netz von Informationen gewährleistet. Diese Transparenz in der Kontinuität von Raum und Zeit garantiert ein Vertrauen an den ‚Realitätswert’ der resultierenden Zeichnung. Aus diesem Grund werden die Karten von ''Bureau d´Etudes'' und ''MigMap'' auch durch Texte und vereinzelt Quellen unterstützt, um deren Glaubwürdigkeit zu untermauern. Fehlende Angaben der Quellen in der Arbeit ''Crisis'' (2006), in der die Argentinische Finanzkrise dargestellt wird, vermindern die Transparenz und untergraben die Wirkung der Karte.
  
 
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[http://bureaudetudes.org/category/gouvern-par-crises/ Crisis] (13.06.2012)
[http://bureaudetudes.org/category/gouvern-par-crises/ Crisis] (13.06.2012)
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=== Perfomatives Potential ===
 
=== Perfomatives Potential ===
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=== Transdisziplinarität ===
 
=== Transdisziplinarität ===
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''Mappen'' kann als ein transdisziplinäres Mittel beschrieben werden, da es „problembezogen“ (Krohn 2012: 2) äußerst heterogene Formen annehmen kann. „Auf ein und derselben Papieroberfläche können wir sehr verschiedene Informationsquellen vereinen, die sich dank der Dolmetschertätigkeit einer homogenen graphischen Sprache verbinden.“ (Latour 1997: 251) Im kollektiven Prozess des Eintragens von Informationen und der Verabredung von entsprechenden Zeichen bietet ''mappen'' die Möglichkeit einer durch den Prozess entwickelten transdisziplinären Sprache. Da in der Bezeichnung und Einschreibung des ''mappen'' ein Referent zum Zeichen wird, überträgt dieses Verfahren praktische Gegebenheiten aus der Welt der Dinge in Textform und bettet sie in theoretische Gedankengänge ein. Als zweidimensionale Visualisierungstechnik stiftet sie zwischen praktischen und theoretischen Disziplinen Kompatibilität. Dieser Übertragung ist beim ''mappen'' jedoch ein „völliger Bruch zwischen Ding-Teil und Zeichen-Teil“ (Latour 1997: 246) inhärent, über den Bruno Latour die Realitätskonstruktion von Wissenschaft kritisiert. (Latour 1987: 215-57)
 
''Mappen'' kann als ein transdisziplinäres Mittel beschrieben werden, da es „problembezogen“ (Krohn 2012: 2) äußerst heterogene Formen annehmen kann. „Auf ein und derselben Papieroberfläche können wir sehr verschiedene Informationsquellen vereinen, die sich dank der Dolmetschertätigkeit einer homogenen graphischen Sprache verbinden.“ (Latour 1997: 251) Im kollektiven Prozess des Eintragens von Informationen und der Verabredung von entsprechenden Zeichen bietet ''mappen'' die Möglichkeit einer durch den Prozess entwickelten transdisziplinären Sprache. Da in der Bezeichnung und Einschreibung des ''mappen'' ein Referent zum Zeichen wird, überträgt dieses Verfahren praktische Gegebenheiten aus der Welt der Dinge in Textform und bettet sie in theoretische Gedankengänge ein. Als zweidimensionale Visualisierungstechnik stiftet sie zwischen praktischen und theoretischen Disziplinen Kompatibilität. Dieser Übertragung ist beim ''mappen'' jedoch ein „völliger Bruch zwischen Ding-Teil und Zeichen-Teil“ (Latour 1997: 246) inhärent, über den Bruno Latour die Realitätskonstruktion von Wissenschaft kritisiert. (Latour 1987: 215-57)
  
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* Harmon, Kathrine A./Clemans, Gayle (2009): The map as art. Contemporary artists explore carthography, Princeton.  
 
* Harmon, Kathrine A./Clemans, Gayle (2009): The map as art. Contemporary artists explore carthography, Princeton.  
 
  
 
* Güttler, Nils Robert (2011): Scaling the Period Eye. Oscar Drude and the Cartographical Practice of Plant Geography, 1870s-1910s. In: Science in Context, 24 (1), S. 1-41.
 
* Güttler, Nils Robert (2011): Scaling the Period Eye. Oscar Drude and the Cartographical Practice of Plant Geography, 1870s-1910s. In: Science in Context, 24 (1), S. 1-41.
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* Spillmann, Peter (2011): Der karthographierte öffentliche Raum. In: Hochschule Luzern Design und Kunst 1, S. 27-30.
 
* Spillmann, Peter (2011): Der karthographierte öffentliche Raum. In: Hochschule Luzern Design und Kunst 1, S. 27-30.
 
  
 
== Anmerkungen ==
 
== Anmerkungen ==
  
 
<references />
 
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Version vom 20. Juni 2012, 10:38 Uhr

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